Tr?nen vor Gericht: Südkoreanischer Shorttrack-Star berichtet über Misshandlungen durch Trainer
Posted on: 19/12/2018, 12:37h.
Last updated on: 19/12/2018, 02:38h.
Die 21-j?hrige Olympionikin Shim Suk Hee wurde von ihrem Trainer jahrelang schwer misshandelt. Ihre Aussage im Prozess gegen Ex-Coach Cho Jae Beom offenbart ein erschreckendes System der Gewalt im südkoreanischen Nationalsport Shorttrack.
Ein System von Erniedrigung und Gewalt
Shim Suk Hee ist eine der erfolgreichsten Profisportlerinnen Südkoreas. In ihrer Disziplin, dem Shorttrack, holte die 1997 geborene Athletin bereits acht Weltmeistertitel und vier olympische Medaillen. Dass sich hinter ihren Erfolgen ein System von Erniedrigung und schwerer k?rperlicher Gewalt verbarg, gab die Sportlerin nun unter Tr?nen vor einem Gericht im südkoreanischen Suwon zu Protokoll.
Auf der Anklagebank: Der ehemalige Coach der südkoreanischen Shorttrack-Frauenmannschaft Cho Jae Bom. Dieser hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bereits in einem vorhergehenden Prozess best?tigt und war zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden.
Aufgrund der von Cho eingelegten Berufung wird der Fall nun neu verhandelt, u.a. mit prominenten Zeugen, wie Shim Suk Hee.
Sportlerin durchlebte Todes?ngste
Diese berichtete den Prozessteilnehmern detailreich von dem Martyrium, das sie unter Cho erleiden musste.
Bereits seit ihrem siebten Lebensjahr wurde die junge Sportlerin von ihrem Trainer maltr?tiert und beschimpft, die st?ndigen übergriffe h?tten sie schwer traumatisiert, gab Shim zu Protokoll.
So habe Cho beispielsweise zum Eishockeyschl?ger gegriffen und damit auf sie eingeprügelt, wenn er mit ihren Leistungen nicht zufrieden gewesen sei. Einmal habe er ihr dabei den Finger gebrochen. Bei einer anderen Gelegenheit habe der Coach Metallbolzen auf sie geworfen und ihr damit eine Platzwunde am Kopf zugefügt.
Den H?hepunkt der eskalierenden Gewalt musste Shim nur kurz vor den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang erdulden:
Der Trainer habe sie so massiv getreten und auf ihren Kopf eingeschlagen, dass sie um ihr Leben fürchtete.
Ich hatte Angst, ich k?nnte sterben.
Die Attacke führte zu einer Gehirnerschütterung.
Olympische Spiele: Goldhoffnung Shim
In der Folge weigerte die junge Frau sich, in das Olympia-Trainingslager zurückzukehren. Ein Problem für die Sportfunktion?re, galt die Eisl?uferin doch als Goldhoffnung für die prestigetr?chtigen anstehenden Spiele in Südkorea.
Shorttrack ist eine Disziplin des Eisschnelllaufs. Im Gegensatz zur klassischen Variante findet ein Shorttrack-Rennen nicht auf einer 400-Meter-Bahn, sondern auf einer Runde von 111,12 Metern statt.
Gestartet wird in den Shorttrack-Disziplinen Mehrkampf, Staffellauf und Einzelstrecke. Klar dominiert wird der Sport von nordamerikanischen und asiatischen Mannschaften, wobei Südkorea mit gro?em Abstand die gr??ten Erfolge einf?hrt:
Von insgesamt 48 Goldmedaillen bei olympischen Winterspielen im Shorttrack gingen 21 nach Südkorea. Auf Platz 2 liegt China mit neunmal Gold.
Noch beim Besuch des Staatspr?sidenten wurde versucht, die Sache unter Verschluss zu halten: Die Abwesenheit Shims wurde offiziell mit einer Erk?ltung der Sportlerin erkl?rt.
In der Folge wurde Trainer Cho von seinem Posten suspendiert und der Fall gewann kurzfristig an ?ffentlichkeit. Bei den Spielen ging Shim in ihrer Heimatstadt Gangneung an den Start und gewann, wie vier Jahre zuvor in Sotschi, mit ihrer Staffel Gold.
Der Wettkampf in ihrer Paradedisziplin, dem 1500-Meter-Lauf, der bereits im Vorfeld zum wichtigsten Ereignis ihrer Sportkarriere erkl?rt wurde, entpuppte sich als Desaster für die 21-J?hrige: Ohne Beteiligung anderer stürzte Shim und musste den Traum vom erneuten südkoreanischen Gold begraben.
?Vor Angst wie gel?hmt“
Auf Nachfragen von Pressevertretern zu den vorangegangenen Vorkommnissen hatte Shim sich bei einer Pressekonferenz zu Beginn der Spiele bedeckt gehalten und lediglich mitgeteilt, einen schweren Weg hinter sich zu haben.
Vor Gericht erkl?rte die junge Frau nun, dass sie vor extremer Angst und Einschüchterung wie gel?hmt gewesen sei.
Aus diesem Grund habe sie auch an nicht an der ersten Verhandlung gegen ihren ehemaligen Trainer teilnehmen k?nnen. über die Jahre habe dieser sie massiv bedroht und eingebl?ut, dass es das Ende ihrer Karriere bedeute, sollte sie die Misshandlung ?ffentlich machen.
Sie habe sich wie in einer Gehirnw?sche gefühlt, sagte Shim, die laut eigenen Angaben seit Jahren unter Angstzust?nden, Schlafst?rungen und Depressionen leidet.
Die Kraft, das Erlebte zu berichten, habe sie allein, weil sie sich heute in therapeutischer Behandlung befinde, sagte die weinende junge Frau vor Gericht aus.
Sportler unter Druck: Kein Einzelph?nomen
Es ist nicht das erste Mal, dass der südkoreanische Spitzensport aufgrund des Umgangs mit Athleten in die Schlagzeilen ger?t. Anfang Dezember wurde das Trainer-Team der Curling-Damen entlassen. Hintergrund waren ?Beleidigung und Ausbeutung“.
Die fünf Sportlerinnen, die bei den Olympischen Spielen die Silbermedaille gewannen und sich mit ihrem Auftreten viele Freunde machten, warfen ihren Betreuern vor, sie st?ndig verbal angegangen zu sein und ihr Privatleben aufs Sch?rfste kontrolliert und eingeschr?nkt zu haben.
Ein weiterer Fall, der den südkoreanischen Wintersport in einem zweifelhaften Licht erscheinen l?sst, datiert aus dem Jahr 2014 und ist besonders tragisch. Der damals 21-j?hrige Noh Jin Kyu galt als gro?e Hoffnung für die südkoreanischen Shorttracker für die olympischen Winterspiele in Russland.
Wenige Wochen vor Beginn der Wettk?mpfe brach er sich im Training den Ellenbogen und musste seine Teilnahme absagen. In diesem Kontext wurde bekannt, dass bei dem Sportler bereits ein Jahr zuvor eine Krebserkrankung diagnostiziert worden war.
Angeblich, so hie? es, h?tten hohe Funktion?re den jungen Mann dazu gebracht, wichtige Operationen aufzuschieben, um in Sotschi für Südkorea an den Start zu gehen. Noh Jin Kyu starb 2016 an seiner Erkrankung.
?ffentliches Interesse: Ein Ansto? zum Umdenken?
Trainer Cho hatte in seinem damaligen Gest?ndnis angegeben, Shim Suk Hee und drei weitere Sportlerinnen geschlagen zu haben, ?um ihre Leistungen“ zu verbessern. Gegen das Urteil und die verh?ngte Strafe von zehn Monaten Haft legte er Berufung ein.
Ob das Zeugnis, das die über fast anderthalb Jahrzehnte von ihm seelisch und k?rperlich misshandelte junge Frau abgab, dazu geeignet ist, seine Strafe, wie durch die Berufung beabsichtigt, zu verkürzen, wird sich zeigen.
In jedem Fall wirft es ein Schlaglicht auf ein System, dass es erlaubt, den Wert eines Sportlers als Menschen unter dem seiner sportlichen Erfolge anzusiedeln. L?sst man eine breite Diskussion zu, kann das weltweite Interesse an diesem Fall dazu beitragen, Sportler künftig besser vor Misshandlung und unmenschlichen ?Trainingsmethoden“ zu schützen.
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