VAR in der Bundesliga: so erfolgreich ist die Technologie
Posted on: 21/01/2019, 04:20h.
Last updated on: 29/01/2019, 04:41h.
Passend zum Start der Bundesliga-Rückrunde ver?ffentlichten DFL und DFB aktuelle Daten und Fakten über den Einsatz des Videobeweises in der vorigen und aktuellen Saison. Neben 40 verhinderten Fehlentscheidungen standen dabei auch die Dauer und H?ufigkeit der jeweiligen Eingriffe sowie die verl?ngerte Nettospielzeit im Fokus. Wir schauen des Weiteren auf die Sicht der Fu?ballfans und die Auswirkungen auf Sportwetten.
Das zweite Jahr mit VAR
Die Bundesliga ist in vollem Gange und an jedem Spieltag ist allerh?chste Konzentration gefordert, sowohl von den Spielern auf dem Feld als auch von den Schiedsrichtern und Linienrichtern, die im Stadion dafür sorgen sollen, dass alles korrekt abl?uft.
Je nach Austragungsort, zum Teil Hunderte Kilometer entfernt, sitzen im ?K?lner Keller“ seit 2017 ausgebildete Video-Assistenten vor ihren Monitoren, die das Spielgeschehen zus?tzlich mit Adleraugen verfolgen.
Dort im Cologne Broadcasting Center werden für jedes Spiel zwei Video-Assistenten plus zwei Kameraspezialisten eingesetzt. Diesen stehen 21 Kameras zur Verfügung, um innerhalb von Sekunden die richtigen Bilder zur endgültigen Entscheidungsfindung bereitzustellen.
Per Funk k?nnen die Video-Assistenten mit den Schiedsrichtern auf dem Platz in Kontakt treten, was von beiden Seiten aus initiiert werden kann. M?chte der Schiedsrichter vor Ort eine Kl?rung, kann er um Videomaterial bitten. F?llt den Video-Assistenten ein Fehler auf, k?nnen Sie aus der Ferne eingreifen.
Dies habe in der aktuellen Saison hervorragend funktioniert, so die DFL. Sowohl der Funkverkehr als auch die Handhabung der vielen Kameras seien sehr zuverl?ssig und von gro?em Erfolg gekr?nt gewesen. Auch seien die Beteiligten ganz nach dem Motto ?übung macht den Meister“ mit jedem Spiel besser in der Lage, die Technologie flüssig zu bedienen.
Gerade in puncto Abseits habe man dank der kalibrierten Abseitslinie sehr schnell für eindeutige Kl?rung fraglicher Situationen sorgen k?nnen. Für die Zuschauer vor dem Fernseher wurden dabei seit dieser Saison bei jedem Eingriff die entsprechenden Begründungen und Hintergrundinformationen auch per Texteinblendung bereitgestellt.
Erstmals kam der VAR im Fu?ball w?hrend der United-Soccer League Saison 2016 in den USA und Kanada zum Einsatz. Es folgte Australien mit der A-League im April 2017. Bei uns in Europa waren jedoch die Niederl?nder die Vorreiter und setzen die Technologie bereits bei ihren Pokalspielen 16/17 ein. Allerdings stehen unseren Nachbarn weniger finanzielle Mittel zum Ausbau des Videobeweises zur Verfügung, weshalb dieser dort noch immer auf acht Kameraperspektiven beschr?nkt ist und auch keine Abseitssituationen geprüft werden.
Die Zahlen der laufenden Saison
In der Bundesliga Hinrunde wurden 153 Spiele ausgetragen. Die Video Referees haben dabei insgesamt 879 Spielsituationen überprüft, was einen Durchschnitt von 5,7 überprüfungen pro Spiel ergibt.
Nur in 248 der überprüften Situationen kam es zu einer Kommunikation zwischen den Video-Assistenten und den Schiedsrichtern im Stadion. In 192 dieser F?lle wurde die Schiedsrichter-Entscheidung durch die Video Referees best?tigt, in 56 F?llen wurde eingegriffen.
Statistisch gesehen kam es so nur alle zwei bis drei Spiele zu einem tats?chlichen Eingriff der Video-Assistenten. Mit einer Ausnahme wurden alle den Interventionen folgenden Entscheidungen im Nachhinein als korrekt erkl?rt.
Die DFL kam somit auf insgesamt 40 durch den Videobeweis korrigierte Schiedsrichter-Entscheidungen. Lediglich in zwei F?llen griffen die Assistenten nicht ein, obwohl die Situation im Nachhinein eindeutig gewesen sei.
Was den oft befürchteten Zeitverlust durch VAR anbelangt, konnte positiv festgestellt werden, dass jede Intervention im Durchschnitt lediglich 60 Sekunden betr?gt. In jenen F?llen, wo Schiedsrichterentscheidungen best?tigt wurden, waren es sogar durchschnittlich nur 38 Sekunden.
Auch eine verl?ngerte Nettospielzeit konnte für die aktuelle Saison gemessen werden. Im Vergleich zum Vorjahr konnten 44 Sekunden gewonnen werden. Im Vierjahresvergleich konnte sich die Nettospielzeit sogar um 2 Minuten und 10 Sekunden erh?hen (auf aktuell 57,47 Minuten).
Bessere Technik, bessere Ausbildung
Die Bundesliga ist überaus zufrieden mit dem Einsatz des VAR und den bisher erzielten Erfolgen. Insbesondere DFB-Videochef Jochen Drees sieht der Zukunft des VAR sehr positiv entgegen. Dabei betonte er aber auch, dass das System derzeit weder perfekt sei, noch man innerhalb der n?chsten paar Jahre Perfektion erwarten solle.
So bezeichnete er den Videobeweis als ?Projekt, dass derzeit weltweit Anwendung findet“. Dabei sagte er ebenfalls ganz deutlich, dass man die Technologie behalten werde. Nichtsdestotrotz bestehe gro?er Verbesserungsbedarf, gerade im Bereich der Kommunikation zwischen den Video-Assistenten und den Schiedsrichtern im Stadion:
Wir müssen wieder mehr über die Qualit?t der Schiedsrichter und der Schiedsrichter-Entscheidungen diskutieren und weniger sagen, […] dass der Video-Assistent ein Spiel besser machen muss, als es der Schiedsrichter gemacht h?tte. Wenn sich eine Diskrepanz auf tut in der Wahrnehmung und in der Ansicht der Bilder, gibt es immer eine Kommunikation, die durchaus noch verbesserungswürdig ist. Das ist ein gro?es Thema, an dem wir dran sind, um die Schiedsrichter in der Hinsicht zu schulen, weil da macht noch jeder das, was er will.
Derzeit werden weitere Schiedsrichter der 2. Bundesliga und die Assistenten der Bundesliga gezielt ausgebildet. Für die n?chste Saison erwartet man bereits eine h?here Zahl qualifizierter Kr?fte.
Ebenfalls planen DFB und DFL die Transparenz des Videobeweises auch für die Zuschauer in den Stadien zu erh?hen. Die Schiedsrichter sollen auf dem Feld die M?glichkeit erhalten, sich nach Hinzuziehung des Videobeweises per Mikrophon erkl?rend ?u?ern zu k?nnen.
VAR zum Teil von Fans kritisiert
Einige Fu?ballfans zeigen sich jedoch trotz der statistischen Vorteile wenig beeindruckt vom Videobeweis in der Bundesliga. Eine g?ngige Beschwerde ist, dass durch die VAR-Unterbrechung dem Fu?ballgeschehen etwas an Natürlichkeit genommen wird.
Man k?nne seinem Jubel oder auch seiner Emp?rung weniger ?freien Lauf“ lassen, wenn der Schiedsrichter nach initialer Entscheidungsfindung noch einmal alles aus der Videoperspektive sehen müsse.
Manche Fu?ballfans kritisieren aber vor allem die praktische Umsetzung, die seit der Einführung 2017 durchaus den ein oder anderen Fehler mit sich brachte. Die deutschen Schiedsrichter seien nicht kompetent oder geschult genug, hei?t es oft. In den USA beispielsweise laufe der VAR aufgrund der besseren Ausbildung deutlich reibungsloser.
Nachteil für Sportwetten?
Trotz einiger missmutiger Stimmen gibt es auch eine gro?e Anzahl von Fu?ballfans, die den VAR besonders wegen der erh?hten Anzahl fairer Entscheidungen sch?tzen. Dies gilt auch besonders für jene, die gern Sportwetten auf Partien platzieren. So sei das Verlieren einer Wette umso ?rgerlicher, wenn dieses auf einer klaren Fehlentscheidung im Spiel basiere.
Grunds?tzlich gilt bei Buchmachern, dass das Gewinnen oder der Verlust einer Sportwette dann entschieden ist, wenn das erreichte Ergebnis best?tigt und unumkehrbar ist. Wer beispielsweise auf den Sieg eines Teams setzt, gewinnt oder verliert seine Wette nach dem Schlusspfiff.
Wer beispielsweise auf eine Mindestanzahl der im Spiel erzielten Tore wettet, gewinnt auch schon mitten im Spiel, sobald die Tore endgültig best?tigt sind, was die Beratschlagungen der Schiedsrichter oder den VAR-Einsatz mit einrechnet.
Für Online Wetten gilt hier, dass in der Schwebephase zwischen vermeintlichem Tor und der endgültigen Best?tigung oder Ablehnung, die Partie auf den Wettseiten oder Apps der Buchmacher zun?chst einfriert. Wetten k?nnen in dieser Phase nicht ge?ndert oder neu abgeschlossen werden.
Die Entscheidung mit oder ohne VAR muss ohnehin schnell fallen und kann dann im Nachhinein nicht widerrufen werden. Für Sportwetten bedeutet das, dass einmal ausgezahlte Gewinne von den Buchmachern nicht zurückgefordert werden k?nnen. Umgekehrt k?nnen aber auch die Wettenden ihren durch eine Fehlentscheidung verlorenen Einsatz nicht zurückerhalten.
Ausnahmen w?ren, wenn tats?chlich durch einen skandal?sen Vorfall ein Ergebnis nach dem Spiel widerrufen werden müsste. Dies beispielsweise kam in der Vergangenheit in anderen Sportarten bei Dopingf?llen vor. Hier liegt es im Ermessen des Buchmachers, ob verlorene Wetten ungültig gemacht werden und die Eins?tze entsprechend erstattet werden.
Tatsache ist, wer sich ein m?glichst faires Spiel mit korrekten Schiedsrichter-Entscheidungen wünscht und seine Wetten auf dieser Basis platzieren und gewinnen m?chte, dem kann der VAR diesen Wunsch ein gro?es Stück weit erfüllen. Indes hat der Videobeweis eine fast komplette Bundesliga Rückrunde Zeit, sich zu beweisen.
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